Der Kondratieff-Zyklus

Wie der Investor von den langen Konjunkturwellen profitiert

Der Kondratieff-Zyklus wird Sie in vielen Teilen dieses Blogs, wenn auch nur indirekt, begleiten. Ein großer Teil des wirtschaftlichen Wissens und Annahmen, die in folgenden Kapiteln behandelt werden, beruhen auf den Theorien von Kondratieff. Aus diesem Grund haben wurde diesem Thema ein eigenes Kapitel gewidmet. Der Kondratieff-Zyklus ist eine Theorie, nach dem sowjetischen Wirtschaftswissenschaftler Nikolai Kondratieff, der langjährige Konjunkturwellen bei den wichtigsten Industriestaaten entdeckt hat. Jede dieser Konjunkturwellen ist von einer neuen großen technischen Innovation geprägt, die für eine enorme Produktivitätssteigerung sorgt und somit zu einen starken Wirtschaftswachstum führte.

Kondratieff ist der Meinung das Geldmengen, Zinsen, Preise, Löhne, Staatsausgaben nicht Ursache dafür sind, wie die Wirtschaft sich entwickelt, sondern das die Entwicklung dieser politischen Entscheidungen von der Entwicklung der Wirtschaft selbst abhängt. Wenn z.B. die Konjunktur stagniert, schreitet die Politik ein und senkt die Zinsen, damit die Investitionen wieder ansteigen und die Menschen mehr Geld ausgeben. Letztendlich lösen die politischen Entscheidungen die Probleme nicht, sondern verlagern die Probleme nur auf einen späteren Zeitpunkt.

Der Kondratieff-Zyklus ist eine Ansicht. Es gibt auch andere Ansichten. Viele Ökonomen vertreten z.B. das Keynes Modell und sind der Meinung, dass mit Geldpolitik (überwiegend Geldmenge und Zins) die Konjunktur gesteuert werden kann. Dieses Modell ist für viele Investoren nicht tragbar. Wie soll bitte z.B. billiges Geld (niedrige Zinsen) die Konjunktur ankurbeln, wenn Firmen nicht mehr wachsen können, weil es keine weitere Produktivitätsmöglichkeiten mehr gibt? Sicherlich kann mit billigen Geld die Nachfrage nach Produkten gesteigert werden, was zu einer Angebotserhöhung führt, allerdings ist dies auch nur von kurzer Dauer. Woher soll bitte ohne Innovation das Wachstum kommen, wenn es keinen Fortschritt gibt? Der Kondratieff-Zyklus richtet sich eben nach genau diesen Fortschritt und klingt daher äußerst plausible und verständlich.

Jeder Zyklus dauert mehrere Jahrzehnte, im Schnitt um die 40-60 Jahre. Kondratieff konnte diese Zyklen bis in das 17te Jahrhundert zurückverfolgen. Diese Zyklen beginnen jeweils in der Entstehung einer neunen technischen Innovation und enden, wenn keine Produktivität mehr gegeben wird, weil die Innovation vollständig in der Gesellschaft angekommen ist. Die Dauer das Zyklus hängt somit von der Gesellschaft ab, je nach dem wie schnell diese angenommen werden. Längere und kürzere Konjunkturzyklen sind dadurch möglich. Weiterhin laufen nicht alle Zyklen identisch ab, da sich auch die Gesellschaft im Laufe der Zeit weiterentwickelt.

In anderen Medien ist oftmals von den Jahreszeiten Frühling, Sommer, Herbst und Winter die Rede, wenn es darum geht den Kondratieff-Zyklus zu beschreiben. Diese Klassifizierungen stammen nicht von Kondratieff selbst, sondern sind eine Erfindung Dritter. Weiterhin zielen diese Beschreibungen der Jahreszeiten oftmals gar nicht auf den wichtigsten Punkt, die Produktivität, ab. Da sich die Produktivität innerhalb eines Zyklus jedoch recht gut in Phasen einteilen lässt, wird im Folgenden der Zyklus ebenso in vier Jahreszeiten jedoch mit dem Schwerpunkt der Produktivität dargestellt. Jede Jahreszeit wird entsprechend mit zusätzlichen Hintergrundinformationen ergänzt.

Der ganze Zyklus läuft wie in der Abbildung einfach veranschaulicht in Form einer Welle. Der Phasenwechsel findet jeweils bei den Scheitelpunkten bzw. Extrempunkten statt. Grundgedanke ist, dass mit dem Start jeder Welle ein großer neuer technischer Fortschritt wie z.B. die Dampfmaschine, die Eisenbahn, das Automobil oder der Computer sich ausbreitet und erst für einen neuen wirtschaftlichen Aufschwung sorgt, der dann in einen Abschwung mit abschließenden Crash endet. Die einzelnen Phasen können natürlich unterschiedlich lang und mit unterschiedlichen Schwankungen verlaufen. Für einen Investor ist es wichtig die einzelnen Phasen genauer zu verstehen.

Frühling

Nach dem Winter des letzten Kondratieff ist die Wirtschaft wieder an einem Tiefpunkt angekommen. Die letzte Innovation ist in der Gesellschaft vollkommen angekommen und weiteres Wachstum ist ohne neue Technologien bzw. Innovationen nicht nicht weiter möglich. Eine neue Technologie, die sich in dieser Phase über kurz oder lang entwickeln muss, sorgt schließlich wieder für ein mögliches Wirtschaftswachstum. Es kann jedoch Jahre, sogar Generationen dauern, bis eine neue Innovation von der Gesellschaft angenommen wird. Deswegen ist das Wirtschaftswachstum anfänglich auch sehr gering. Mit der Trendwende zum Sommer beginnt mit der Akzeptanz beim Menschen.

Wirtschaftlich sind zu diesem Zeitpunkt nach dem Crash die Schulden endlich abgebaut und ein neuer Wirtschaftskreislauf kann von vorn beginnen. Aufgrund von hoher Überschuldung und schlechter Auftragslage sind die meisten Firmen vom Markt verschwunden. Bei der Vergabe von neuer Kredite sind die Banken sehr vorsichtig geworden und Kredite werden, wenn überhaupt, nur mit sehr hohen Zinsen rausgegeben. Sämtliche Investitionen müssen daher aus eigenen Mitteln finanziert werden. Dies sind sehr gute Einstiegschancen für den Investor, sofern notwendiges Kapital zur Verfügung steht. Ein neuer Fortschritt muss her, um den momentanen Produktionsengpass zu überwinden. In der Regel ist dies nur eine Frage der Zeit, bis sich eine neue Technologie durchsetzt. Durch Optimierungen, Verbesserungen und Massenproduktion wird die neue Innovation im Laufe der Zeit günstiger. Dies führt zu weiteren Produktivitätswachstum. Die Wirtschaft wächst langsam und neue Arbeitsplätze entstehen. Dies spiegelt sich auch in den Löhnen wieder. Verdientes Geld wird auch wieder ausgegeben. Es bildet sich langsam wieder Wohlstand und das Vertrauen in die Wirtschaft kehrt nach und nach zurück. Die Kreditvergabe wird lockerer. Zinsen fallen ganz langsam an zu fallen. Aus diesem Grund beginnen auch Aktien wieder sehr sehr langsam zu steigen. Nach dem Aktien ganz unten und die Zinsen so hoch waren, kommen Aktien für die meisten Menschen nicht mehr in Frage. Falls Sie die Möglichkeit haben sich direkt an Firmen zu beteiligen ist dies auch eine mögliche Alternative. Besonders bei Kapitalgesellschaften lassen sich Beteiligungen sehr einfach umsetzen. Aufgrund der wachsenden Kredite breitet sich die Inflation langsam aus. Neben Aktien sind auch Immobilien zu Anfang des Frühlings sehr preiswert, da es quasi keine Nachfrage gibt und die Zinsen noch recht hoch sind. Viele freie Gewerbeimmobilien stehen aufgrund der Firmenpleiten zur Verfügung. Bei den Privathaushalten verhält es sich so, dass viele Immobilienbesitzer ihre Raten nicht mehr zahlen können oder den Banken keine Sicherheiten mehr bieten können und aus diesem Grunde verkaufen müssen. Raten können aufgrund nicht vorhandener Sicherheiten, nach Ablauf der Zinsbildung bzw. durch Veränderungen der Zinsen allgemein nochmals steigen.

Ebenso alle anderen Arten von Sammlungen wie Diamanten, Kunst oder Automobile, die nicht so gut wie Edelmetalle als Wertspeicher dienen, sind im Wert stark gefallen und daher günstig. Im Laufe des Frühlings fangen die Menschen wieder an sich sicherer zu fühlen, da die Joblage besser wird, die Menschen anfangen Geld zu verdienen und somit auch die Geburtenrate steigt.

Die Nation, die mit der neuen Technologie am schnellsten ist, wird in den Industriestaaten auch die Vorreiterrolle übernehmen und den anderen Nationen überlegen sein. Es ist nicht ungewöhnlich. wenn in verschiedenen Nationen gleichzeitig an dem Problem der Ressourcenknappheit gearbeitet wird.

Sommer

Im Sommer ist die Zeit gekommen, dass die neue Technologie vermehrt von den Menschen angenommen wird und immer mehr. Dies hat zur Folge das nach dem Scheitelpunkt die Wirtschaft noch schneller wächst, da permanent weitere Märke und Branchen entstehen, die teilweise wiederum zu neuen Möglichkeiten führen. Das Reisen mit der Eisenbahn eröffnete z.B. das Reisen zwischen verschiedenen Orten und Touristikbranche. Ursprünglich wurde die Bahn nur erfunden, um die mehr Waren schneller zu transportieren. Die Arbeitslosigkeit ist sehr gering, da es Aufgrund der Wirtschaft jede Menge Arbeit gibt. Topleute finden über all neue Arbeit und können höhere Löhne fordern. Der Faktor Arbeit wird gegen Ende langsam knapp. Den Menschen geht es gut. Das zeigt sich auch an der Geburtenrate. Es wird immer mehr investiert und es entstehen auch immer mehr Schulden. Die Inflationsrate ist inzwischen ordentlich gestiegen. Die Wirtschaft benötigt aufgrund des Wachstums immer mehr Ressourcen, um mit den ganzen Produktionen nachzukommen. Rohstoffe sind knapp und werden dementsprechend teuer. Der Ende des Sommers endet in einem Boom, den Höhepunkt der Wirtschaft. Dieser Zeitpunkt ist erreicht, wenn die neue Technologie vollkommen angekommen ist und keine Investitionen in weitere Produktivität mehr möglich sind, weil ein Produktionsfaktor Knapp geworden ist und weitere Produktivität zu teuer wird.

Am Anfang des Sommer sind die Aktien noch verhältnismäßig niedrig und werden im Laufe der Zeit in die Höhe steigen. Immerhin geht es den Firmen gut und diese machen aufgrund der blühenden Wirtschaftslage Profite ohne Ende. Am Ende des Sommers sind Aktien jedoch sehr teuer geworden. Je mehr der Ende des Sommers erreicht wird, desto interessanter werden physische Edelmetalle, insbesondere Gold und Silber. Während der Wirtschaft am Höhepunkt liegt und der Vertrauen da ist, sind Edelmetalle am günstigsten und interessieren niemanden mehr. Der Ottonormal Verbraucher, geht jetzt vermehrt in Aktien und Immobilien, da finanziell allen gut geht. Aus diesem Grund werden auch wieder Objekte wie Oldtimer, Diamanten und so gekauft. Also nichts für den Investor.

Aufgrund des technologischen Fortschritts und in dem Wissen das Silber heutzutage von der Industrie stark beansprucht wird und dies in Zukunft mehr wird und vor allem das Silber knapp wird, wäre es auch möglich, dass Silber nicht so sehr im Preis verhält. Es läuft nicht alles gleich ab.

Herbst

Im Herbst ist die Zeit gekommen, dass keine neuen Investitionen in Sachen Wirtschaft mehr möglich sind, da die Innovation vollständig etabliert ist. Weitere Verbesserungen sind nicht mehr möglich und neue Anwendungsszenarien nicht mehr gegeben. Mit anderen Worten, es leidet an Produktivitätsfortschritten. Ein Produktionsfaktor ist knapp geworden, so dass eine weitere Produktivität zu teuer wird. Die Wirtschaft kann mit dieser Innovation nicht weiter wachsen. Dies führt dazu, dass Unternehmen Ihre Ware nicht mehr vollständig absetzen können. Um dies Gegenzugwirken finden Preiskämpfe zwischen den Unternehmen statt. Um hier weiter mithalten zu können, ist es notwendig Löhne zu reduzieren und Mitarbeiter zu entlassen. Niedrigere Löhnen und steigende Arbeitslosigkeit führt dazu, dass der Konsum der Menschen fällt, also immer weniger Geld ausgegeben wird und die Unternehmen darunter wieder leiden. Die Menschen fangen wieder mehr an zu sparen. Ebenso sind Unternehmen nicht mehr bereit zu investieren.

Die Wirtschaft fällt in eine Rezession. Mit fallenden Zinsen, wird versucht die Rezession aufzuhalten. Dies mag den Prozess des Abschwung zwar abdämpfen, allerdings nicht vollständig aufhalten. Die niedrigen Zinsen sorgen dafür, das extrem viel Geld in den Wirtschaftskreislauf fliesst und die Inflation erneut ordentlich ankurbelt. Viele Menschen wissen nicht mehr, wohin sie ihr Geld investieren sollen, denn die Zinsen auf dem Bankkonto liegen unterhalb der Inflation. Das ist der Grund weshalb jetzt z.B. andere andere Anlageklassen wie Aktien oder Immobilien stark steigen. Dies betrifft auch andere Objekte wie Kunst, Automobile und sonstige. Speziell für Immobilien gibt es jetzt sehr viele Menschen, die sehr hohe Kredite aufnehmen. Niedrige Zinsen und eine hohe Nachfragen treiben die Preise der Immobilien in gigantische Höhen. Edelmetalle sind anfänglich im Preis noch relativ günstig und sind bei vielen Menschen noch relativ unbekannt. Dennoch sind auch hier schon Steigerungen vorhanden. Zum Ende des Herbst steigen diese immer weiter an. Der Investor ist im Idealfall schon im Frühling eingestiegen. Wenn noch Kapital zur Verfügung steht, sind Edelmetalle weiterhin interessant.

Im Herbst ist die Zeit gekommen sich von Immobilien und anderen Dingen wie Diamanten, Oldtimer und co zu trennen, damit das Geld noch passend umgeschichtet werden kann.

Winter

Im Winter endet die die Rezession schließlich in einer Depression. Im Winter ist die Zeit des Aufräumens bzw. eines Reset gekommen. Die Schulden sind so hoch, dass ein Rückzahlen nie mehr Möglich ist (Wobei dies im Herbst auch schon klar ist). Das Vertrauen in die Währungen sinkt. Die Inflation stärkt dies. In Form einer (Hyper)Inflationen bzw. Währungsschnitt müssen die gigantischen Geldsummen reduziert werden. Große Teile von Vermögen werden hierdurch vernichtet. Regierungen versuchen das System so lange wie möglich zu erhalten. Dies erkennt man z.B. an den weiterhin fallenden Zinsen und der Flutung des Marktes mit frischen Geld. Im Winter geht es darum Probleme zu lösen. Dadurch dass auch der Staat sparen muss, besser gesagt Kosten senken, macht sich dies im Rückbau der Bürokratie sichtbar. Aber auch staatliche Einheiten, wie das Bildungssystem, Gesundheit, Soziales und weitere Systeme werden stark leiden.

Der Investor, der den Kondratieff-Zyklus verinnerlicht hat, fällt es viel einfacher zukünftige Entwicklungen vorherzusagen. Wer mehr über den Kondratieff Zyklus lernen will findet relevante Bücher in unseren Buchempfehlungen zu diesem Thema.